Akkutriebwagen AT 589/590

TEV AT 589/590 vor der Überfuhrung am 8.9.2001 in Eisenach, ©J.Uhlich
Foto: ©J.Uhlich

Mit Beschluß der Hauptversammlung im Februar 2009 wird der Akkutriebwagen an die IG Hirzbergbahn abgegeben. Neuer Standort: ehem. Bw Gotha.
Wir wünschen der IG HBB gutes Gelingen beim weiteren Erhalt des Fahrzeugs.

Allgemeines zu den Akkumulatorentriebwagen Nr. 581/582 bis 615/616 der Deutschen Reichsbahn (ETA 179 der DB):

Die ersten Akkutriebwagen der preußischen Baureihe AT 3 (Bauart "Wittfeld") werden in den Jahren 1908 und 1909 in Betrieb gestellt, bis 1914 sind insgesammt 163 Fahrzeuge in nahezu ganz Deutschland unterwegs. Gelobt werden die Einfachheit des Aufbaus, Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit dieser Fahrzeuge, nachteilig sind die geringe Platzkapazität sowie das hohe Betriebsgewicht.
Auf der "Eisenbahntechnischen Ausstellung 1924" in Seddin zeigt die Akkumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft (AFA) aus Berlin eine neue Version eines Speichertriebwagens, unter Nummer 341 im Seddiner Ausstellungskatalog ist zu lesen: "Sechsachsiger Speicher-Doppeltriebwagen, Fahrbereich 250 km, Fassungsraum für 180 Personen, Höchstgeschwindigkeit 60 km/h".
Im Februar und März 1926 werden die ersten beiden Triebwagen, mit den Übergangsnummern 215/216 und 217/218 Halle, bei der DR abgeliefert, die sie auf den Strecken Rangsdorf - Zossen sowie Großwusterlitz - Genthin erfolgreich testete. Die 16 Serienfahrzeuge, gebaut von der Waggon- und Maschinenbau-AG (Wumag) in Görlitz, der Waggonfabrik Gebrüder Wegmann AG in Kassel und der Gebrüder Gastell im Mainz-Mombach - die elektrische Ausrüstung steuern die Berliner Bergmann-Electricitätswerke AG und Siemens-Schuckert-Werke bei, werden zwischen 1927 und 1928 an die DR ausgeliefert. Die Betriebsnummern lauten AT 581/582 bis 615/616.
Die Fahrzeuge erfüllen die in sie gesetzten Erwartungen, wenn auch in technischer Hinsicht manche Wünsche offen bleiben. Ab 1928 entfällt die 4. Wagenklasse. Später werden stärkere Akkumulatoren eingebaut die den Aktionsradius von 250 auf 300 km erhöhen.
Die beiden Vorserien-Triebzüge AT 581/582 und AT 583/584, beim BW Cotbus in Betrieb gestellt, werden 1930 von der DRG ins BW Kassel Hbf umgesetzt und dort 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.
Nach dem 2.Weltkrieg verbleiben bei der DB 11 Einheiten: AT 593/594 bis 611/612 und AT 615/616, sie werden als Baureihe ETA 179 (mit 1. und 2. Klasse Abteilen) bzw. als ETA 179.1 (nur 2. Klasse Abteile) in den Bestand eingereiht. Bis 1953 sind alle Einheiten restauriert und in der Betriebssicherheit verbessert. Die DB mustert den ETA 179 106 als letztes Exemplar 1960 aus.
Die Deutsche Reichsbahn übernimmt 1945 5 Einheiten: AT 585/586 bis 591/592 und AT 613/614 mit Heimat-BW Gotha. AT 586 wird 1946 nach einem Brand verschrottet, der dazugehörige 585 als Personenwagen umgebaut. Die restlichen Einheiten werden wegen verbrauchten Batterien bis 1950 abgestellt und erst wieder 1953 aufgearbeitet. AT 591/592 fällt 1965 einem Brand zum Opfer, die restlichen 3 Einheiten sind noch bis 1968 in Betrieb. Einzig AT 589/590 bleibt erhalten, im Bestand des Verkehrsmuseums Dresden zuerst in Gerstungen hinterstellt und seit 1994 von der IGE "Werrabahn Eisenach" betreut, wird er jetzt vom Thüringer Eisenbahnverein betreut und so vor dem Verfall gerettet.

Technische Konstruktion:

Die Wagenkästen und Untergestelle, aus Stahlprofilen zusammengenietet, des Doppelwagens waren untereinander gleich. Die seitlichen Batteriekästen bilden mit den Längsträgern die tragende Konstruktion, Sprengwerke daher nicht erforderlich. Der Aufbau besteht aus einem Gerippe aus Stahlträgern, kraftschlüssig mit den Längsträgern verbunden und mit Blechen aussen verkleidet, innen holzverschalt. Das holzbeplankte Dach ist mit einem Bitumenanstrich versehenen. Die beiden Fahrzeugteile sind mit einer Kurzkupplung verbunden, durch einen Faltenbalg entsteht ein Übergang. An den Stirnseiten sind gefederte Zugvorrichtungen, verstärkte Kupplung und normale Hülsenpuffer (teilweise Stangenpuffer) angebracht.
Die ersten beiden Doppelwagen wurden von der Wumag in einheitlichem Dunkelgrün geliefert, die Serieneinheiten bekamen den zeittypischen zweifarbigen rot-/elfenbeinfarbigen Anstrich, noch ohne den oberen Zierstreifen.
Die äußeren Radsätze jedes Wagens sind mit Wälzlagern ausgestattet, der mittlere läuft wegen der benötigten Seitenverschiebbarkeit in Wälzlagern. Als Bremse wirkt eine einlösige Klotzbremse der Bauart Kp auf die äußeren Radsätze, zusätzlich eine Spindelhandbremse je Führerstand - der mittlere Radsatz bleibt ungebremst. Abgefedert werden die Achsen über einfache Blattfedern. Die Endachsen am Kurzkupplungsende werden von Tatzlagermotoren, vierpolige eigenbelüftete Gleichstrom-Reihenschlußmotoren mit Wendepolwicklung, angetrieben. Wurden die beiden Vorserientriebwagen noch mit einer 11 stufigen Schützensteuerung ausgeliefert, erhielten die Serienmodelle eine Fahrschaltersteuerung mit 10 Stufen, eine "Totmannkurbel" als Sicherheitseinrichtung (die DB rüstete ihre Triebwagen nachträglich mit einer Sicherheitsfahrschaltung aus.
Die gesamte elektrischen Ausrüstung ist außerhalb des Wagenkastens untergebracht, die Akkumulatoren waren in je einer Reihe unter dem Wagenkasten und in den kleinen Vorbauten untergebracht. 168 Zellen des Typs 9 TM 450 liefern 225 kWh bei dreistündiger Entladung, die später eingebauten Typen 11 TM 450 liefern 325 kWh und erhöhen den Aktionsradius von 200 auf 250 km. Die elektrischen Schaltgeräte befinden sich in gesonderten Schaltschränken auf den Führerständen. Druckluftsandstreuer, die auf dem Dach am Kurzkuppelende angeordnete Druckluftsirene und ein Läutwerk vervollständigten im wesentlichen die Ausrüstung.
Die Inneneinrichtung der einzelnen Triebwagen unterschieden sich stark: AT 581 und 583 waren 4.Klasse Wagen mit 56 Sitzplätzen, AT 582 und 584 hatten 3.Klasse Großabteile mit 58 Sitzplätzen. 1928 wurde die 4.Klasse abgeschafft, die Triebwagen erhalten 2. und 3. Klasse Abteile, unterteilt in Raucher/Nichtraucher durch nachträglich in die Großabteile eingebauten Querwänden. 1937 gab es bei den 18 Doppelwagen 8 verschiedene Grundrißanordnungen! Postabteile und Aborte waren vorhanden, als Gepäckraum diente der jeweils unbenutzte Führerstand, wozu große Türen vorgesehen sind. Die beiden Vorserieneinheiten hatten von außen beschickte Preßkohlenöfen zur Wagenheizung, in den Serienmodelle wurde dann Warmwasserheizungen mit koksbeschickten Heizkessel vorgesehen.

Allgemeine Technische Daten:

Achsenanordnung 1‘2A+A2‘ Länge über Puffer 29.220 mm
Rad-Ø 1.000 mm Dienstlast 70,0 MP
Höchstgeschwindigkeit 60 km/h Achslast max.  
Stundenleistung 142 bis 172 kW Antriebsart Tatzlager
bei Geschwindigkeit 30 km/h    
Sitzplätze 2.Klasse bis 20 Sitzplätze 3.Klasse 74 bis 114
1. Baujahr 1924 Letzte Ausmusterung 1968
Quelle: Günther Fiebig (DMV) Dresden, Der Modelleisenbahner 3/1979
Fahrzeugkartei des Weltbildverlages

Eisenach 2001, ©J.Uhlich Eisenach 2001, ©J.Uhlich
Foto: ©J.Uhlich Foto: ©J.Uhlich
Fertig zur Überführung in Eisenach 8.9.2001
33 Jahre nach der letzten Frist und nach ein paar Tropfen Öl bremsten nach dem Einschalten eine der Triebwagenhälften ohne Beanstandung - die Bremse war seither nicht mehr benutzt und der Zug nur noch mit durchgehender Hauptluftleitung überführt worden.
Getrennter AT im BW Weimar 2001, ©J.Uhlich Getrennter AT im BW Weimar 2001, ©J.Uhlich
Foto: ©J.Uhlich Foto: ©J.Uhlich
Triebwagen nach Trennung im BW Weimar 2001
9.2.02 BW Weimar, frisch lakiert, ©S.Kloseck Die äußerliche Aufarbeitung des Triebwages begann im Dezember 2001 mit dem AT 589. Das Dach bekam neue Dachpappe, der gesammte Wagenksaten wurde abgeschliffen, grundiert und neu lackiert.
AT 590 soll im Sommer 2002 aufgearbeitet werden.
Foto: ©S.Kloseck  


[Zurück]     [Zurück zur Fahrzeugseite]     [Zurück zur Hauptseite]


Thüringer Eisenbahnverein e.V.
Letzte Aktualisierung: 8. Februar 2009